Es begab sich aber zu der Zeit...

dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging... Das kennen wir ja nun in Coronazeiten zur Genüge: Befehle, Verordnungen, Regeln, Erlasse von oben. Und manche dieser Regelungen bedeuten Einschränkungen, manche sind gar eine Zumutung und manchmal schaffen sie auch unerträgliche Zustände – wenn z.B. Bewohner von Altenheimen isoliert werden und nicht einmal die Kinder sie besuchen dürfen.
Doch war das damals anders? Für die hochschwangere Maria war die Reise nach Bethlehem unter damaligen Bedingungen auch eine Zumutung. Schon die Schwangerschaft, die nicht sie, sondern Gott gewollt hatte, bezüglich derer sie nicht einmal gefragt worden war, war eine Zumutung. Und dann erst die Unterkunft, die Geburt im Stall – das waren schlicht unhaltbare Zustände. Aber was sollten sie tun? Nach ihren Wünschen und Plänen wurden sie da nicht gefragt. Maria und Joseph gerieten da in ein Geschehen hinein, das sie einfach hinnehmen mussten.

So war es damals. So ist es heute. So ist die Welt. Und Gott mutet uns diese Welt zu. Ja mehr noch, er selbst mutet Maria und Joseph diesen Weg, diese Widrigkeiten, diese doch eigentlich unhaltbaren Zustände zu. Und auch uns mutet Gott offenbar zu, was wir derzeit erleben. Dass er laut dem Zeugnis der Bibel der uns liebende Gott ist, schließt nicht aus, dass er uns solches zumutet. Gerade an Maria und Joseph zeigt sich, dass Gott den Seinen auch schwere Wege zumutet; dass sie es aushalten müssen, dass das Leben nicht nach Wunsch verläuft.  Leicht ist das nicht. Leicht war es auch für Maria und Joseph nicht.
Und dass das Leben – wenn schon nicht nach unseren Vorstellungen, so doch wenigstens nach Gottes Plan verläuft, das kann man nur auf Gottes Wort hin glauben. Einsehen, wirklich verstehen oder gar beweisen kann man das nicht. Auch Maria und Joseph konnten sich nur auf das verlassen, was die Engel ihnen und den Hirten verkündeten.

Ja, manchmal ist diese Welt eine Zumutung. Aber in genau diese Welt hinein wurde Jesus, der Christus geboren. - Na und?, so könnte man nun fragen. Was ändert das schon? Hat sich dadurch überhaupt etwas an der Situation von Maria und Joseph, der Situation der Hirten geändert? Hat das etwas an der Welt verändert? Waren sie nicht trotzdem noch im zugigen Stall und erlebten die Welt als eine Zumutung?
Ja, aber diese Welt war gemäß der Weihnachtsgeschichte auf einmal von einem neuen Licht erhellt. Die Macht der Dunkelheit war gebrochen. Eine neue Macht zeigte sich inmitten des Dunkels.
Und da war auch noch die Botschaft, ein neues Wort Gottes, das einen neuen Horizont öffnete. Eine Botschaft von einem Heiland, von einer großen Freude für alle, von Frieden auf Erden. Die irdische Misere war damit nicht mehr der alles bestimmende Horizont für das Leben. Die irdischen Verhältnisse verloren durch diese Botschaft ihre Endgültigkeit. Hier wurde eine Macht des Heils verkündet und sichtbar. Und angesichts dieser Heilsmacht verlieren die Unheilsmächte, die unser Leben so absolut im Griff zu haben scheinen, ihre unser Denken und Leben beherrschende Stellung.
Und da war ja auch noch das Kind. Es lag vor Maria und Joseph in der Krippe. Es war der lebendige Beweis dafür, dass Gott hält, was er verspricht. Nein, es war nicht nach den Plänen Josephs und nach den Wünschen Marias gegangen. Aber was Gott durch den Engel verkündet hatte, war geschehen. Und Gott hat uns nie versprochen, alle unsere Wünsche zu erfüllen. Er hat hat uns aber zugesagt, all seine Verheißungen zu erfüllen, seine Versprechen einzuhalten. Und genau das dürfte Maria und Joseph aufgegangen sein. Sie konnten angesichts des Kindes Zutrauen zu Gott gewinnen, ihm vertrauen. Das Kind war Zeichen, dass Gott mit seiner Macht in dieser Welt ist und wirkt. Dass nicht die Unheilskräfte den Sieg davontragen werden. Es stand für Gott, für seine Macht, sein Heil, seine Zukunft.
Ja, noch waren sie im zugigen Stall, erlebten die Welt als Zumutung. Aber da war auch das Licht, die Botschaft der Engel und da lag eben auch das Kind in der Krippe. Gott selbst war mit im Stall. Das machte den Stall vermutlich nicht weniger zugig, gab aber genügend Hoffnung und Kraft, um der Situation standzuhalten.

Liebe Leserin, lieber Leser, vielleicht wird Weihnachten in diesem Jahr auch für uns eine Zumutung, verläuft nicht nach Wunsch, weniger festlich, weniger gesellig, weil kurz zuvor ein Gebot ausging von der Regierung. Wenn es so kommt, sind wir eigentlich ganz nah an der Weihnacht, von der der Evangelist Lukas erzählt. Ich wünsche Ihnen, dass auch Sie dann von dem Licht erfasst werden, das die himmlischen Heerscharen umgab, und dass dieser Schein in Ihre Herzen dringt und dort die Dunkelheit vertreibt und Freude weckt.
Dass die Botschaft Ihr Herz erreicht und sie Vertrauen zu Gott fassen und in diesem Vertrauen den Zumutungen unserer Zeit standhalten können.
Dass Sie im Kind in der Krippe den „Gott-mit-uns“ entdecken und im Vertrauen auf ihn auch die Zumutung des zugigen Stalls ertragen, die die Welt manchmal für uns ist.

Ihr Pfarrer