Wie man früher gefeiert hat

Seit Jahrhunderten lag die Gründungsurkunde der Pfarrei Beerbach, der sogenannte „Konfirmationsbrief“, datiert vom 3. Februar 1520, gut verwahrt im Archiv des Pfarrhauses. Er überdauerte den Dreißigjährigen Krieg, wurde aus dem alten in das 1734 neu erbaute Pfarrhaus übernommen und zum Glück interessierten sich weder die französischen Truppen 1796 noch die Wehrmacht 1945 bei der Besetzung des Pfarrhauses für dieses Stück Pergament, das zudem einen Text in „unverständlicher“ lateinischer Sprache wiedergab.

Als sich Pfarrer Boeckh 1866 der aufwändigen Arbeit unterzog, eine Beschreibung der Gemeinde in Vergangenheit und Gegenwart zu erstellen, stieß er auch auf dieses Dokument und legte seinem Nachfolger ans Herz, doch die 350. Wiederkehr der Gründung der Pfarrei besonders zu begehen. Er selbst starb 1868 und konnte nicht ahnen, dass sein Schwiegersohn Michael Reissinger auch sein Nachfolger im Beerbacher Pfarramt werden sollte. Dieser folgte gerne der Anregung seines Schwiegervaters und so wurde für den 3. Februar 1870 ein Festgottesdienst angesetzt. Da der Termin aber auf einen Donnerstag fiel, musste auf dem Dienstweg über das Konsistorium in Ansbach beim Oberkonsistorium in München eigens eine Genehmigung eingeholt werden. Diese wurde bereitwillig erteilt und somit erhielt der Jubiläumstag den Charakter eines öffentlichen, arbeitsfreien Feiertags innerhalb des Beerbacher Pfarrsprengels. In der mit Fichtengirlanden geschmückten Egidienkirche predigte Reissinger über den 100. Psalm. Die Predigt erschien sogar in Druck und der Verkaufserlös kam der Kirchenstiftung zugute.

Titel der gedruckten Festpredigt
vom 3. Februar 1870.

Fünf Jahrzehnte später herrschten ganz andere Verhältnisse, die Trennung von Kirche und Staat und die moderne Arbeitswelt machten einen eigenen, lokalen Feiertag undenkbar und so setzte man das 400. Jubiläum für den Sonntag, 17. Oktober 1920 an. Für das feierliche Choralblasen in den Außenorten am Vortag konnte der Posaunenchor der Stadtmission Nürnberg gewonnen werden. Am Samstagabend erklangen feierliche Weisen im Neunhofer Friedhof und am Sonntagmorgen ersetzte der Gastchor das Läuten, denn in beiden Kirchen stand nach der Abnahme der Glocken im 1. Weltkrieg nur noch je eine Glocke zur Verfügung. Die Bläser nutzten daher die weithin leere Glockenstube des Beerbacher Kirchturms zum „Einblasen“. Mehrere ehemalige Beerbacher Pfarrer ließen es sich nicht nehmen, zum Festgottesdienst anzureisen. Sie reihten sich ein in den Festzug, der sich vom Schulhaus zum Kirchenportal bewegte. Die Mädchen und Buben des Kindergottesdienstes trugen hinter dem Kreuz die Heiligen Gefäße, die Bibel, das Augsburger Bekenntnis und die Stiftungsurkunde voran. Vor dem Eintritt in das Gotteshaus sang die Gemeinde „Tut mir auf die schöne Pforte“. Dies sollte daran erinnern “dass es eine Zeit gab, wo dahier noch kein Gemeindegottesdienst stattfand“. Am Nachmittag des Festtages wurde noch zu einem Vespergottesdienst eingeladen, der von zwei Solo-
sängerinnen aus Nürnberg und Lauf mit Werken von Johann Sebastian Bach musikalisch gestaltet wurde. Höhepunkt der Vesper war das „der Anbetung geweihte Schweigen“ unter dem Läuten der einzig noch erhaltenen Betglocke. „Langsam und feierlich“ und ohne Gedränge verließ die versammelte Gemeinde den Kirchenraum.

Einige Wochen später, nach Beendigung der Feldarbeiten, wurde das Jubiläum mit abendlichen Vortragsveranstaltungen zu religiösen Themen in den Außenorten fortgesetzt. Daran beteiligten sich verschiedene Geistliche und Oberkirchenräte.

Hinweis auf das Zwölfuhrläuten 1970
in der Fernseh- und Rundfunkzeitschrift „Gong

1970 stand dann das 450. Pfarreijubiläum an. Es wurde mit einem Festgottesdienst am 8. Februar begangen, in dem der Nürnberger Kreisdekan Oberkirchenrat Hans Luther die Predigt hielt. Inzwischen verfügte die Gemeinde über einen eigenen Posaunenchor und einen Kirchenchor, die Gottesdienst und anschließenden Festakt musikalisch gestalteten. Um die Mittagsstunde allerdings wollten alle wieder zuhause sein, denn um 12.00 Uhr erklang in der Reihe „Zwölfuhrläuten“ des Bayerischen Rundfunks das Geläut der Beerbacher Pfarrkirche im 1. Radioprogramm.

In dankbarer Erinnerung daran, dass die erste Beerbacher Kapelle in der Nähe der Nikolausquelle entstanden war, wurde die Kollekte des Festtags für ein Wasserversorgungsprojekt in Afrika bestimmt.

Der 475. „Pfarreigeburtstag“ 1995 wurde im Rahmen des Beerbacher Kirchweihfestes mit einer historischen Ausstellung im Gemeindehaus und einer festlichen Schlussandacht in der Kirche gefeiert.

In diesen Tagen beginnen nun die Jubiläumsfeierlichkeiten zum 500-jährigen Jubiläum 2020 und zur 500. Wiederkehr der Einführung der Reformation 2021. Im Hinblick auf das 350-jährige Jubiläum hatte Pfarrer Boeckh bereits 1866 einen Wunsch geäußert, dem wir uns auch heute noch anschließen können: „So wünsche ich meinem Amtsnachfolger und der Gemeinde eine recht frohe und gesegnete Jubelfeier. Das walte Gott und mache Alles wohl“.

Ewald Glückert, Archivpfleger